Sonntag, 25. April 2010

Darwin im Depot - Ausstellung in Jena

Die Ausstellung des Berliner Museums für Naturkunde zum Darwin-Jahr ist nun unter dem Titel "Darwin im Depot" nach Jena weitergezogen. Der Ausstellungstitel ist wunderbar doppeldeutig, denn er weist zum einen darauf hin, dass die Ausstellung großzügig im dortigen alten Straßenbahndepot aufgestellt wurde, zum zweiten impliziert er die Frage, ob Darwin nach dem Darwin-Jahr nun wirklich im Depot abgelegt und die Akte "Evolution" wieder geschlossen wird. Selbstverständlich ist das überhaupt nicht der Fall. Evolutionswissenschaften sind aktueller denn je, denn gerade im Jahr der Biodiversität, nach den Klimaverhandlungen in Kopenhagen sowie angesichts der immer sichtbarer werdenden Plünderung unserer Meere wird immer deutlicher, wie eng Klima-, Umwelt-, Biologische Vielfalt und Evolution miteinander verknüpft sind.


Wer also die Darwin-Ausstellung im Berliner Naturkundemuseum nicht gesehen hat, oder schon immer mal nach Jena fahren wollte, sollte sich "Darwin im Depot" nicht entgehen lassen und danach am besten gleich ins Phyletische Museum in Jena weitergehen, um sich dort noch ausführlicher über die Evolutionsprozesse zu informieren. Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen Phyletischem Museum Jena und dem Museum für Naturkunde Berlin.

Einen ersten bebilderten Bericht zur gestrigen Ausstellungseröffnung im Straßenbahndepot finden Sie im Jena-Lebt-Blog unter http://jenalebt.blogspot.com/2010/04/die-beagle-hat-in-jena-festgemacht.html
(obiges Bild stammt aus diesem Blog)
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Sex mit dem Neandertaler

Die Süddeutsche Zeitung vom 24.4.2010 berichtet in einem interessanten Artikel, dass unser menschliches Genom doch Spuren des Neandertaler-Erbguts in sich trage. Ob der Neandertaler und der Homo sapiens miteinander Sex hatten ist in der Fachwelt bislang äußerst umstritten. Auch die neuen Ergebnisse werden bereits heftig diskutiert, denn sie wurden bislang erst auf einem Vortrag vorgestellt, worüber NATURE gleich berichtete. Die Fachwelt wartet gespannt auf die wissenschaftliche schriftliche Veröffentlichung.

> "Spuren der Neandertaler leben in uns weiter", Hatten Neandertaler nun Sex mit den modernen Menschen oder nicht? Hinweise auf das Erbgut der Vormenschen im Genom heutiger Völker sprechen dafür. > Artikel in der Süddeutsche Zeitung vom 24.4.2010.

Zwischenartlicher Sex spielt bei der Evolution insgesamt eine nicht unerhebliche Rolle. Hierzu berichtete die Süddeutsche am 12.10.2010 unter dem Titel "Kuscheln mit Homo erectus".

Ob Homo sapiens mit dem Neandertaler oder dem Homo erectus Sex hatte, ist auch für die Bewertung der DNA-Analyse aus der Fingerspitze eines Menschen aus der Neandertalerzeit von Bedeutung, denn daraus ergaben sich ja Hinweise auf eine eventuell neue Menschenart. Alternativ könnte ggf. auch zwischenartlicher Genaustausch eine Rolle bei der Ausbildung dieses Genoms eine Rolle gespielt haben.
Die Medienberichte zu diesem oft Homo-X genannten unbekannten Menschen aus der Demisova-Höhle in Südsibirien schlugen vor etwa einem Monat hohe Wellen der Aufmerksamkeit. Einige Medienberichte seien hier nachträglich erwähnt:

SPIEGEL, vom 24.4.2010: Sensationeller Knochenfund. Forscher finden Spur zu unbekannter Menschenart. Haben Forscher einen Homo incognitus entdeckt, eine bisher unbekannte Menschenart?: In Südsibirien wurde der Fingerknochen einer 30.000 Jahre alten Leiche gefunden - die Gene unterscheiden sich von jenen des modernen Menschen und des Neandertalers. Die Wissenschaftler wähnen sich auf der Spur einer Sensation.
(> http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,685333,00.html )

zdf-heute Nachrichten vom 24.3.2010: Neue Menschenform entdeckt. Max-Planck-Forscher finden Erbgut aus Süd-Sibirien. Eine neue Menschenform haben Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie entdeckt. Der Fund weise auf eine weitere Auswanderungswelle aus Afrika hin, die sich von schon bekannten Wanderungen menschlicher Vorgänger unterscheide.
(> http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/26/0,3672,8058906,00.html )

Süddeutsche Zeitung vom 25.3.2010: Homo X: Ein kleines Knochenstück aus der Zeit der Neandertaler könnte sich als Sensation entpuppen. Genanalysen deuten darauf hin, dass es von einer ganz neuen Menschenform stammt.
(> http://www.sueddeutsche.de/wissen/746/506912/text/)

scinexx vom 25.3.2010: Neue Menschenart entdeckt. "Homo X" lebte vor 48.000 bis 30.000 Jahren im Altai-Gebirge Zentralasiens: Ein internationales Forscherteam hat uralte mitochondriale DNA aus einem in Südsibirien gefundenen Fingerknochen sequenziert. Ergebnis: Sie stammt von einer bislang unbekannten Menschenart, die vor etwa 48.000 bis 30.000 Jahren im Altai-Gebirge Zentralasiens gelebt hat.
(> http://www.g-o.de/wissen-aktuell-11421-2010-03-25.html )

FAZ vom 25.3.2010: Sensationsfund „X-Woman”. Entdeckten Forscher eine neue Menschenart? Ein Fossilfund in Zentralasien scheint von einer bislang unbekannten Menschenform zu zeugen, die vor mehr als einer Million Jahren entstanden ist. Dem Stammbaum des Menschen könnte demnächst ein neuer Zweig hinzugefügt werden.
(> siehe hier, kostenpflichtig)

zdf-Morgenmagazin vom 26.3.2010: Eine neue Gattung Mensch? Expertengespräch mit dem Blogautor. (> Video siehe hier).
(oops, frühmorgendlicher Zahlendreher: natürlich besteht das menschliche Genom nicht aus über 3 Millionen, sondern über 3 Milliarden Bausteinen, pardon)

taz vom 8.4.2010: Evolutionsforscher über seinen Knochenfund. "Eine neue Menschenform": Der Leipziger Wissenschaftler Johannes Krause überraschte mit einer besonderen Entdeckung die Weltöffentlichkeit. Muss die Geschichte der Menschheit neu geschrieben werden?
(> http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/artikel/1/eine-neue-menschenform/ )

Es bleibt also spannend in der Evolutionsforschung des Menschen, zumal nun aus Südafrika auch noch eine neue Vormenschenart gefunden wurde (z.B. SPIEGEL vom 8.4.2010: Sensation in Südafrika. Forscher finden rätselhafte neue Vormenschen-Art. Im menschlichen Stammbaum klafft eine große Lücke. Wer war der direkte Vorfahre der Gattung Homo? Forscher glauben jetzt, die Antwort gefunden zu haben: Sie haben die zwei Millionen Jahre alten Knochen einer neuen Vormenschenart entdeckt. > weiterlesen).

Insbesondere werden jetzt die für Homo-X bereits angekündigten Ergebnisse zur Untersuchung der Kern-DNA erwartet, welche, sofern gut erhalten, viel aussagekräftiger sein dürften, als die bislang vorliegenden Ergebnisse der mitochondrialen DNA.

(Bild: Neandertaler-Rekonstruktion im Neanderthal Museum Mettmann)
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Samstag, 3. April 2010

Frohe Ostern vom Paläo-Osterhasen

Liebe Leser,

zu Beginn des Aprils und v.a. für Ostern wollen wir uns wieder einigen erfreulicheren Evolutionsthemen zuwenden. Nicht mehr ganz exklusiv (denn bereits 1996 von mir berichtet), möchte ich Ihnen aus gegebenem zeitlichen Anlass die Evolution des Osterhasen in Erinnerung rufen:




"Wir waren schon immer davon überzeugt, dass sich Osterhasen bereits früher in der Erdgeschichte entwickelt haben, aber dies haben wir nun wirklich nicht erwartet: Wir fanden jetzt tatsächlich Ostereier aus der jüngeren Kreidezeit (also etwa 90 Millionen Jahre alt)!!!



Einige Knochenfunde, Relikte der typischen langen Löffelohren und theoretische Überlegungen überzeugten uns von der Richtigkeit dieser Rekonstruktion des Paläo-Osterhasen: Der Paläo-Osterhase (links im Vordergrund) ist ein enger Verwandter von Protoceratops. Wir nannten ihn Pascoasaurus!


Offensichtlich war das Leben für unser Pascoasaurus-Häschen ganz schön hart. Oviraptor (vorne rechts) versuchte gerade, ein Osterei zu klauen, bekam aber seine Tracht Prügel. Velociraptor (rechts hinten) hatte mehr Glück. Er schlürft gerade ein Ei aus (oder war's ein junges Osterhäschen?). Psittacosaurus (hinten links) beobachtet das Ganze.

Sorry, David Norman, to mess up the nice figures from your splendid book DINOSAUR! (BOXtree Ltd). But it will certainly raise the bookselling number astronomically. Dear reader, this book is a MUST for the dinosaur-enthusiast.
Dank an das Karikatur- und Comic-Zeichenbüro Clemens Steinhauer, www.spasszeichner.de für die aktuelle Ergänzung der Skelettrekonstruktion (1. Bild, verwendet mit freundlicher Genehmigung von C. Steinhauer, 2010, © C.Steinhauer)


Frohe Ostern!

Ihr Reinhold Leinfelder

PS: Falls Sie Lust haben, ähnlich interessante Forschungsergebnisse zur Evolution zu genießen, kann ich noch auf zwei weitere spannende und dem April angepasste Artikel verweisen:

Unser "Nasekitzelndes Frühlings-Spezial" (ebenfalls von 1996): www.palaeo.de/special/spring/spring.html
Neuestes (na ja, von 1997) zur Evolution der Wolpertinger: www.palaeo.de/special/wolpi/wolpi_d.html

Und den Beitrag der Augsburger Puppenkiste zur Evolutionsforschung (auf diesem Blog) kennen Sie ja vielleicht bereits ;-)