Sonntag, 15. Februar 2009

Darwin und der Valentinstag

Natürlich, es war ja zu erwarten gewesen, rund um den Tag der Verliebten, den Valentinstag am 14.2. gab es auch was zu Darwin zu berichten:

Relativ nüchtern und gesellschaftskritisch ging TELEPOLIS-Autorin Maria Benning vor. Sie schreibt heute zum Thema:
Wie der historische Charles Darwin zur Ehe kam. Eine Liebeserklärung als zweispaltige Tabelle.

Aus dem Text: ""Sie sieht wunderschön aus", begeistert er sich. Gemeint ist hier nicht etwa eine Frau, sondern die Beagle, das Schiff, mit dem er auf Weltreise ging. Für Darwin "das perfekteste Schiff, das jemals ein Dock verlassen hat".

Nicht annähernd so viel Leidenschaft bringt Darwin dem weiblichen Geschlecht entgegen: Für Frauen in die Welt auszuschwärmen, liegt ihm fern. Als 1839 endlich eine seine Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist es seine Cousine Emma Wedgwood, eine junge Frau aus seinem unmittelbaren Dunstkreis. Darwin schreibt keinen Liebesbrief, er katalogisiert seine Gefühle in einer zweispaltigen Tabelle. Darin vergleicht er die Folgen des Heiratens mit denen des Nicht-Heiratens."
Sie zitiert dann Darwin mit seinem Resumee "Mein Gott, es ist unerträglich sich vorzustellen, dass man sein Leben wie eine geschlechtslose Arbeitsbiene verbringt. Stell dir den ganzen Tag vor in einem schmutzigen Haus. Halte das Bild einer sanften Frau dagegen. Also: Heiraten, heiraten, heiraten. Qed – quod erat demonstrandum.""

Maria Benning resümiert dann selbst:
"Der Werbende – meistens das Männchen – zeigt, dass er sich den Aufwand leisten kann. Das Weibchen hat die Wahl, so steht es in Darwins "Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl" . Wie frei Emma Wedgwoods "Female choice" tatsächlich war, darüber gibt die Ausstellung DARWIN – Reise zur Erkenntnis im Museum für Naturkunde in Berlin leider keine Auskunft." (> ganzen Artikel lesen).

Also, hier ist er doch, der Seitenhieb auf Darwin, ein arger Macho zu sein. Tatsächlich schrieb ja Barbara Dribbusch bereits zum Start des Darwin-Jahrs (am 2.1.09) in der taz, dass kein anderer Forscher die Geschlechterklischees so sehr geprägt hätte, wie Charles Darwin (> Artikel). Darwin schrieb nämlich in seinem Hauptwerk: "
Dabei komme auch die "geschlechtliche Selektion" zum Zuge. Diese sei ein "Kampf zwischen den Individuen des einen Geschlechts, meistens den Männchen, um den Besitz des anderen Geschlechts … Im Allgemeinen werden die kräftigsten, die ihre Stelle in der Natur am besten ausfüllenden Männchen die meiste Nachkommenschaft hinterlassen", so zitiert Dribbusch Darwin.
Darwin hat hier allerdings von Tieren gesprochen, das sollte man nicht vergessen, und erfreulicherweise endet Barbara Dribbusch auch mit der Bemerkung: "Von diesem Schlamassel ahnte Charles Darwin wohl nichts, als er vor mehr als 150 Jahren mit dem Tornister über die Galapagos-Inseln stapfte und dem Gesang der Finkenmännchen lauschte, die damit die Weibchen zu beeindrucken suchten. Er konnte nicht wissen, dass seine Thesen zu den "ewigen" Naturgesetzen auch in der Geschlechterfrage für vielfältige Versuchsanordnungen sorgten. Und sich damit als vielseitig verwendbar erwiesen. Das ist aber keine Frage der Biologie. Sondern eine der Kultur."


Übrigens, auch dies wird von Kreationisten ausgeschlachtet. Nach Harun Yahya, dem Autor des unsäglichen erzkreationistischen "Atlas der Schöpfung" ist ja die Evolutionstheorie nicht nur an Nazionalsozialismus, Stalinismus und heutigem Terrorismus schuld, sondern natürlich auch an der Frauendiskriminierung. Wenn Sie es nicht glauben sollten, schauen Sie hier (enter at your own risk)

Wirklich freundlich, aber vor allem auch gut recherchiert, geht Petra Werner an die Liebesgeschichte Darwins ran. Für die Neue Zürcher Zeitung schrieb sie anlässlich des bevorstehenden Valentinstag einen zum Schmunzeln anregenden Artikel unter dem Titel: "Eine Frau ist besser als ein Hund" - Heiraten war für den jungen Charles Darwin Kalkül und keine Frage der Liebe. Das änderte sich, als er seine Cousine Emma kennenlernte.

Aus dem Text: "Heirate oder heirate nicht – du wirst am Ende beides bereuen, prophezeite Sokrates. Der junge Charles Darwin entschied nüchterner als die meisten Menschen. Nach der Rückkehr von seiner Reise mit der «Beagle» zeichnete er einen horizontalen und einen verti-

kalen Strich und stellte Vor- und Nachteile des Heiratens einander gegenüber.
Die Vorteile klingen auch heute noch überzeugend: Man gewinnt jemanden, der «einen liebt». Auch dass die Frau «den Haushalt führe und weibliche Konversation», die Darwin «chitchat» nannte, sei nicht zu verachten.
Aber auch das Junggesellendasein hatte nach Darwins Ansicht so einiges für sich: «Gespräche mit intelligenten Männern in Clubs» zum Beispiel. Auch werde man «nicht genötigt, Verwandte zu besuchen und sich in jeder Kleinigkeit zu unterwerfen». Ein Junggeselle durfte sich frei fühlen, war für nichts verantwortlich und: Er hatte immer «genug Geld für neue Bücher». Niemand fragt: Wo kommst du her? Weisst du eigentlich, wie spät es ist?
Das klang verlockend, doch am Ende entschied sich Darwin doch für die Liebe. Er wollte nicht als Arbeitsbiene enden – ohne Kinder! Unterleibsmürrisch! Zerfurcht, verwahrlost, ein Gespött der Gassenjungen!"

Allerdings ist eben Theorie nicht automatisch Wahrheit und so wurde der Macho zum liebenden Ehegatten und Vater, als er seine Cousine Emma Wedgwood noch näher kennen lernte und schließlich heiratete. Dass eine gehörige Portion Mutterersatz in dieser Beziehung war - Darwin hatte seine Mutter im Alter von 8 Jahren verloren - wird von Petra Werner jedoch auch eingeräumt. Und irgendwie war ihm seine naturwissenschaftliche Beobachtungsgabe doch immer auch etwas im Wege. Petra Werner schließt ihren Artikel mit der Aussage: "Charles Darwin, so scheint es, sah die Welt vornehmlich mit den beobachtenden Augen eines Naturwissenschafters; als kühler Analytiker beobachtete er sogar, welche Muskeln ein Baby beim Weinen bewegt. Als er in seiner Autobiografie auf sein Leben zurückblickte, räumte er ein, dass er zwar sein Leben der Wissenschaft geweiht habe, wie er es immer erträumt habe, aber sich vorwerfen müsse, seinen unmittelbaren Angehörigen zu wenig Gutes erwiesen zu haben."

Petra Werners Artikel ist leider (noch?) nicht online verfügbar, aber wenn Sie Darwins Liebesleben näher interessiert, werden Sie in Petra Werners lesenswertem Buch "Darwin - Die Entdeckung des Zweifels, Osburg Verlag, 2009" fündig. Dort gibt es ein ganzes, überwiegend schmunzelnd zu lesendes Kapitel zu diesem Thema.

Und noch ein weiterer Hinweis: neben diesen Artikeln sind natürlich rund um Darwins 200. Geburtstag am 12.2.2009 sowie die damit verbundenen diversen Ausstellungseröffnungen und sonstigen Feierlichkeiten viele Presse- und Medienartikel erschienen. Eine kleine Auswahl haben wir dokumentiert. Wühlen Sie doch einfach ein bisschen in unten stehendem Medienclipboard oder in unseren Google-News zu Darwin (siehe rechte Spalte).

Ach so, anlässlich des Valentin-Tags fällt mir noch was von Karl Valentin, dem großen Münchner Volksphilosophen zum Thema Liebe, Altruismus und Soziobiologie ein:
"Der Mensch ist gut, die Leut’ sind schlecht"

Ihr

Reinhold Leinfelder

(Bild aus http://www.ironicsans.com/2008/02/idea_scientist_valentines.html )





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