Montag, 23. Februar 2009

Die Evolutionstheorie im Jahr 200 nach Darwin

Auszüge aus dem Leitartikel in "Politik und Kultur - Zeitung des Deutschen Kulturrates", 02/09 (März/April 2009). >> ganzen Artikel lesen (S. 1 und 2)

23.2.2009: Am 12. Februar jährte sich der zweihundertste Geburtstag des großen Naturforschers Charles Darwin, am 24. November 1859 wurde sein Weltbild prägendes Werk „Über die Entstehung der
Arten“ publiziert. Im Unterschied zu vielen anderen Themenjahren, die wegen ihres inflationären Charakters oft kaum wahrgenommen werden, startete die Berichterstattung zum Darwin-Jahr schon mit deutlichem Vorlauf. Unzählige Medienbeiträge und neue Darwin-Bücher wurden zwischenzeitlich publiziert. Verglichen mit dem Darwin-Jahr war sogar die Berichterstattung zur vorjährigen großen deutschen UN-Konferenz zur Biologischen Vielfalt kaum wahrnehmbar, obwohl dort wesentliche, uns alle angehende Zukunftsfragen verhandelt wurden. Nun, die Titel der Medienberichte weisen schon auf den Grund der geschärften Darwin- Wahrnehmung hin: Darwin war, je nach Lesart, sowohl genialer Geist und Revolutionär unseres Weltbildes wie auch Gotteslästerer, Kaplan des Teufels und natürlich vor allem derjenige, der den Mensch angeblich zum Affen machte. Es ging also damals, aber offensichtlich auch immer noch heute um unser Menschenbild. Wer lässt sich schon gerne zum Affen machen?


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Tatsächlich sind die Evolutionswissenschaften deshalb immer noch Anfeindungen ausgesetzt. Immerhin, laut einer Science-Umfrage aus dem Jahre 2006 liegen wir mit 75% Akzeptanz der Evolutionswissenschaften auf Platz 10, USA mit nur 40% auf dem 33. Platz direkt vor Schlusslicht Türkei. Heureka! Aber auch bei uns gibt es keinen Grund zur Entwarnung.

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Immerhin, die großen Kirchen haben längst erkannt, dass die vom Kreationismus ausgehende Gefahr weniger die Naturwissenschaften als vielmehr sie selbst gefährdet.
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Allerdings kann der Skandal um die Ex–Exkommunizierung der Lefebvre-Sekte wieder denjenigen Argumente liefern, welche die katholische Kirche als ewig gestrig ansehen, denn erst seit auch die deutschen Pius-Brüder wieder im Fokus stehen, haben sie ein sehr ärgerliches Kreationistenvideo von ihren Webseiten entfernt.

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Dass Naturwissenschaften und Gottesglaube sich nicht ausschließen, sehen allerdings nicht alle so.
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Wie es nicht DIE Religion gibt, gibt es auch nicht DEN Atheismus. Eine Bewegung im gedanklichen Gefolge von Dawkins nennt sich „neue Atheisten“, manche bezeichnen sich auch gerne auch mal „Antitheisten“ oder sogar als„Krawallatheisten“. Diese „neuen Atheisten“ behaupten, dass die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse eindeutig einen Monismus belegen, bei dem kein Platz für eine abgetrennte geistige, gar transzendentale Ebene bliebe. Während methodischer Naturalismus natürlich die einzig mögliche Arbeitsweise in den Naturwissenschaften darstellt, ist ein ontologischer Naturalismus mit Allerklärungsanspruch allerdings eine Glaubensangelegenheit, selbstverständlich vertretbar, nur missionarisch sollte er eben nicht daher kommen und kausal aus den Naturwissenschaften ableitbar ist er auch nicht. Bedenken dürfen deshalb durchaus erlaubt sein, wenn ein modernes naturwissenschaftliches Weltbild in einen „Universaldarwinismus“ transformiert wird, aus dem auch noch, mit wissenschaftlichem Anspruch ein „evolutionärer Humanismus“ abgeleitet wird. Hierbei sei der biologische Eigennutz ein grundlegendes Prinzip auch des menschlichen Lebens, der Mensch kenne kein Gut und Böse, und Moralisieren sei dem gemäß eher eine Unart. Im Notfall könne man sogar betrügen, stehlen und töten, falls es keine anderen Möglichkeiten gibt, die Ideale der Humanität durchzusetzen. Fragt sich nur wie diese Ideale definiert sind.


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Um in einer globalisierten Welt friedlich zusammenzuleben, müssen wir erforschen, wie biologisches und kulturelles Erbe interagieren, deshalb müssen Naturwissenschaften und Kulturwissenschaften integrativ und eng zusammenarbeiten. Erst dann setzen wir Darwins Erbe wirklich universell und nachhaltig um.


Reinhold Leinfelder

Auszüge aus dem Leitartikel in "Politik und Kultur - Zeitung des Deutschen Kulturrates", 02/09 (März/April 2009). >> ganzen Artikel lesen (S. 1 und 2)

(haben Sie die Objekte auf den Bildern erkannt? Oberes Bild: Makroaufnahme eines angewitterten Ammoniten, mit Blick in den Gehäuseumgang. Unteres Bild: Nahaufnahme eines Nashornkäfers)

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